pDem1.17-21 Protokoll zum 31.07.2022

pDem1.17-21 Protokoll zum 31.07.2022

Zeit: 10:00 bis 12:00                       -                              Ort: online
anwesend: Caren Holger, Ulf, Friedrich

Übersetzung:

[17] φημὶ δὴ διχῇ βοηθητέον εἶναι τοῖς πράγμασιν ὑμῖν[1],

τῷ τε τὰς πόλεις τοῖς Ὀλυνθίοις σῴζειν

καὶ τοὺς τοῦτο ποιήσοντας στρατιώτας ἐκπέμπειν,

καὶ τῷ τὴν ἐκείνου χώραν κακῶς ποιεῖν

καὶ τριήρεσι καὶ στρατιώταις ἑτέροις·

Ich sage also, dass ihr der Lage in doppelter Weise gerecht werden müsst,

durch die Rettung der Städte für die Olynthier
und die Entsendung der Soldaten,die dies tun sollen,

und durch die Schädigung des Landes jenes Mannes

und durch weitere Trieren und Soldaten.

[18] εἰ δὲ θατέρου[2] τούτων ὀλιγωρήσετε,

ὀκνῶ μὴ μάταιος ἡμῖν ἡ στρατεία γένηται.

εἴτε γὰρ ὑμῶν τὴν ἐκείνου[3] κακῶς ποιούντων[4],

ὑπομείνας τοῦτ᾽ Ὄλυνθον παραστήσεται,

ῥᾳδίως ἐπὶ τὴν οἰκείαν ἐλθὼν ἀμυνεῖται·

εἴτε βοηθησάντων μόνον ὑμῶν εἰς Ὄλυνθον,

ἀκινδύνως ὁρῶν ἔχοντα τὰ οἴκοι,

προσκαθεδεῖται καὶ προσεδρεύσει τοῖς πράγμασι,

περιέσται τῷ χρόνῳ τῶν πολιορκουμένων.

δεῖ δὴ πολλὴν καὶ διχῇ τὴν βοήθειαν εἶναι.

Wenn ihr aber eines von beiden vernachlässigen werdet,

fürchte ich, dass der Feldzug für uns vergeblich wird.

Wenn er nämlich, während wir sein Land verheeren,

dies ertragen und Olynth unterwerfen wird,

wird er nach der Rückkehr in sein Land <uns> leicht abwehren.

Und wenn er, nachdem wir nur nach Olynth zu Hilfe gekommen sind,

sieht, dass die Lage zu Hause ohne Gefahr ist,

und weiter belagert und sich intensiv um die Situation kümmern wird,

wird er mit der Zeit den Belagerten überlegen sein.

Die Hilfe muss also groß und doppelt sein.

[19] καὶ περὶ μὲν τῆς βοηθείας ταῦτα γιγνώσκω·

περὶ δὲ χρημάτων πόρου, ἔστιν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, χρήμαθ᾽ ὑμῖν,

ἔστιν[5] ὅσ᾽ οὐδενὶ τῶν ἄλλων ἀνθρώπων στρατιωτικά·

ταῦτα δ᾽ ὑμεῖς οὕτως ὡς βούλεσθε λαμβάνετε.

εἰ μὲν οὖν ταῦτα τοῖς στρατευομένοις ἀποδώσετε,

οὐδενὸς ὑμῖν προσδεῖ πόρου,

εἰ δὲ μή, προσδεῖ, μᾶλλον δ᾽ ἅπαντος ἐνδεῖ τοῦ πόρου.

‘τί οὖν;’ ἄν τις εἴποι, ‘σὺ γράφεις ταῦτ᾽ εἶναι στρατιωτικά;’ μὰ Δί᾽ οὐκ ἔγωγε.

[Und] Zu den Hilfstruppen habe ich diese Einstellung.

Zur Beschaffung von Geld aber: wir haben Geld, Athener,

haben soviel, wie keiner der anderen Menschen als Kriegskasse.

Das aber nehmt ihr so, wie ihr wollt.

Wenn ihr dies nun für die ins Feld Ziehenden aufwenden werdet,

bedürft ihr keiner weiteren Mittel,

wenn aber nicht, gibt es zusätzlichen Bedarf, mehr noch: es fehlt an allen Mitteln.

„Was denn?“ könnte einer sagen. „Du schreibst/ beantragst, dass das Kriesgelder seien?“ Beim Zeus, ich nicht.

[20] ἐγὼ μὲν γὰρ ἡγοῦμαι στρατιώτας δεῖν κατασκευασθῆναι

καὶ ταῦτ᾽ εἶναι στρατιωτικὰ

καὶ μίαν σύνταξιν εἶναι τὴν αὐτὴν τοῦ τε λαμβάνειν καὶ τοῦ ποιεῖν τὰ δέοντα,

ὑμεῖς δ᾽ οὕτω πως ἄνευ πραγμάτων λαμβάνειν εἰς τὰς ἑορτάς.

ἔστι δὴ λοιπόν, οἶμαι, πάντας εἰσφέρειν,

ἂν πολλῶν δέῃ, πολλά, ἂν ὀλίγων, ὀλίγα.

δεῖ δὲ χρημάτων, καὶ ἄνευ τούτων οὐδὲν ἔστι γενέσθαι τῶν δεόντων.

λέγουσι δὲ καὶ ἄλλους τινὰς ἄλλοι πόρους,

ὧν ἕλεσθ᾽ ὅστις ὑμῖν συμφέρειν δοκεῖ·

καὶ ἕως ἐστὶ καιρός, ἀντιλάβεσθε τῶν πραγμάτων.

Denn ich meinerseits meine, man müsse Soldaten ausrüsten,

und das seien Kriegsgelder,

und eine einziger Vorgang sei derselbe von Nehmen und Pflichterfüllung ,

ihr aber <glaubt>, so irgendwie ohne Schwierigkeiten für die Feste <Geld> nehmen zu dürfen.

Es folgt nun daraus, meine ich, dass alle einzahlen,

wenn viel nötig ist viel, wenn wenig, wenig.

Geld aber ist nötig, und ohne dies kann nichts des Nötigen geschehen.

Die einen nennen diese, die anderen auch andere Mittel,

aus denen wählt, welches euch hilfreich zu sein scheint.

Und solange die Gelegenheit ist, packt die  Dinge an!

[21] ἄξιον δ᾽ ἐνθυμηθῆναι καὶ λογίσασθαι

τὰ πράγματ᾽ ἐν ᾧ καθέστηκε νυνὶ τὰ Φιλίππου.

οὔτε γάρ, ὡς δοκεῖ καὶ φήσειέ τις ἂν μὴ σκοπῶν ἀκριβῶς,

εὐτρεπῶς οὐδ᾽ ὡς ἂν κάλλιστ᾽ αὐτῷ τὰ παρόντ᾽ ἔχει,

οὔτ᾽ ἂν ἐξήνεγκε τὸν πόλεμόν ποτε τοῦτον ἐκεῖνος,

εἰ πολεμεῖν ᾠήθη δεήσειν αὐτόν,

ἀλλ᾽ ὡς ἐπιὼν ἅπαντα τότ᾽ ἤλπιζε τὰ πράγματ᾽ ἀναιρήσεσθαι, κᾆτα διέψευσται. τοῦτο δὴ πρῶτον αὐτὸν ταράττει παρὰ γνώμην γεγονὸς

καὶ πολλὴν ἀθυμίαν αὐτῷ παρέχει, εἶτα τὰ τῶν Θετταλῶν.

Es ist aber passend zu erwägen und zu bedenken,

worin gerade die Lage des Philipp besteht.

Denn weder befindet sich, wie es scheint und wohl einer sagen könnte, der nicht genau hinschaut,

die gegenwärtige Lage für ihn in guter Vorbereitung und auch nicht so gut wie möglich,

noch hätte er jemals diesen Krieg angefangen,

wenn er geglaubt hätte, dass er selbst werde kämpfen müssen,

sondern allein durch seine Ankunft, so hoffte er damals, werde er die ganze Lage meistern, und da täuschte er sich.

Dies also verwirrt ihn vor allem, weil es anders als erwartet geschehen ist,

und bereitet ihm große Mutlosigkeit; dann die Thessalier.

 

Besonders besprochen:
1.) Holger stellt fest, dass wir uns bei Demosthenes auf neue Redewendungen einstellen müssen. Das gilt z.B. für folgende:
- γιγνώσκω: erkennen > dafür halten, eine Einstellung haben
- εὐτρεπῶς ἔχειν: gut vorbereitet sein
- τὰ τῶν Θετταλῶν = οἱ Θετταλοί
- aber auch solche vermehrt auftretenden Konstruktionen mit der Voranstellung von Teilen des Realtiv-/ind. Fragesatz:
λογίσασθαι τὰ πράγματ᾽ ἐν ᾧ καθέστηκε νυνὶ τὰ Φιλίππου
entweder λογίσασθαι τὰ πράγματ᾽ τὰ Φιλίππου ἐν ᾧ καθέστηκε νυνὶ: die Lage Philipps bedenken, in welchem Zustand sie sich gerade befindet
oder: λογίσασθαι ἐν ᾧ καθέστηκε νυνὶ τὰ πράγματ᾽ τὰ Φιλίππου: bedneken, in welchem Zustand sich die Lage Philipps gerade befindet.

2.) Caren findet Gefallen am Stil der mündlichen Rede:
mit den dαfür typischen Verkürzungen (Ellipsen) εἰσφέρειν ἂν πολλῶν δέῃ, πολλά, ἂν ὀλίγων, ὀλίγα
oder: ἐγὼ μὲν γὰρ ἡγοῦμαι δεῖν + Inf. … ὑμεῖς δ᾽ … + Inf.
besonders auch die Reihenfolge der Wörterauffällig: ἔστιν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, χρήμαθ᾽ ὑμῖν, ἔστιν ὅσ᾽ οὐδενὶ τῶν ἄλλων ἀνθρώπων στρατιωτικά: in linearer Übersetzung: „Es gibt, Athener, Geld bei uns, es gibt so viel wie bei keinem der anderen Menschen – als Kriegskasse.

3.) Immer wieder die Prädikativa oder Prädikatsnomen:
- δεῖ δὴ πολλὴν καὶ διχῇ τὴν βοήθειαν εἶναι: Es ist nötig, dass die Hilfe umfangreich und doppelt ist (Prädikatsnomina)
- καὶ μίαν σύνταξιν εἶναι τὴν αὐτὴν τοῦ ...: und ein einziger Vorgang sei derselbe von … (Prädikatsnomen).
- ὡς ἐπιὼν ἅπαντα τότ᾽ ἤλπιζε τὰ πράγματ᾽ ἀναιρήσεσθαι: als Hinzukommender (durch seine Ankunft) hoffte er damals die ganze Lage zu meistern (Prädikataivum)

 

 

Zur Argumentationsstruktur:

[1] Die Athener sollen vor einer Entscheidung alle Ratschläge bereitwillig anhören. (Captatio benevolentiae)
Der καιρός fordert von Athen, sich auf Krieg und Kriegskosten einzustellen:
  [2] Demosthenes‘ Rat: Athenische Truppen und Gesandte nach Olynth schicken.
  [3] Der verschlagene und zupackende Philipp
  [4] … der als Alleinherrscher überall sein muss, kann aber Olynth nicht durch Verhandlungen gewinnen. 
  [5] Denn die Olynthier fürchten die Zerstörung der Stadt und trauen ihm nicht (Beipiele Amphipolis, Pydna).
  [6] Also müssen die Athener sich jetzt auf Unterstützung Olynths mit Krieg und Kriegskosten einstellen.
Die Gunst der Götter ermöglicht Athen, seine alten Fehler auszubügeln:
  [7] Nochmals der καιρός: Die Olynther sind jetzt sichere Bundesgenossen.
  [8] Aus Untätigkeit verlor Athen 357 Amphipolis …
  [9] und andere Städte, was Philipp groß gemacht hat. Jetzt aber ist der καιρός gekommen.
  [10] Ein δίκαιος λογιστής wäre den Göttern für die neue gebotene Chance dankbar.
  [11] Wie der bankrotte Verschwender vergessen auch die untätigen Politiker den Dank an die Götter für die anfangs gute Lage.
          Aber die Götter gaben Athen noch eine Chance, seinen Ruf der Untätigkeit abzuschütteln.
Während Philipp erfolgreich heranrückt, verspielt Athen seine Vormacht.
  [12] Wenn die Athener nicht handeln, wie der tatkräftige Philipp handeln würde, wird er bald gegen Athen vorrücken.
  [13] Nach all den siegreichen Feldzügen (Aufzählung Städte) und nach seiner Krankheit greift Philipp nun Olynth an.
  [14] Philipp wird bei allen Erfolgen nie mit dem Erreichten zufrieden sein und Ruhe geben..
  [15] Athen wird es ergehen wie den verarmten Schuldnern und es wird am Ende Not leiden.
Heere auszurüsten und Finanzen dafür einzusetzen ist nötig.
  [16] Demosthenes will seine Meinung ohne Furcht vor dem Demos äußern.
  [17] Demosthenes Rat: 1.) Ein Heer zur Unterstützung Olynths und eines zum Angriff auf Makedonien aussenden.
  [18] Begründung: So kann sich Philipp nicht auf Olynth konzentrieren.
  [19] 2.) Die Kriegskasse aufstocken.
  [20] Argumentation: In schwierigen Zeiten ist Verzicht/ sind höhere Beiträge nötig, wie auch immer erhoben.
Philipp ist an verschiedenen Orten mit Schwierigkeiten konfrontiert.
  [21] Der Widerstand der Olynthier bringt ihn ungeplant in eine schwierige Lage.

Nächster Termin nach zurückgenommenen Änderungswunsch von mir nun doch wie ursprünglich abgesprochen:
Sonntag, 07.08., 10:00 Uhr

Vorbereitung dafür: pDem1.17-28 ab [22] übersetzen, soweit Ihr mögt.

 


[1] ὑμῖν Dat.auct.

[2] θατέρου = τοῦ ἑτέρου von der Kurzform θάτερον = τὸ ἕτερον

[3] τὴν ἐκείνου erg. χῶραν

[4] κακῶς ποιούντων erg. μόνον

[5] ἔστιν Verdoppelung, Anadiplosis (rhetorische Figur)