p9.30-37 Protokoll zum 28.10.22

Zeit: 10-12:00 Uhr                                                          Ort: online
anwesend: Holger, Friedrich                                      Caren leider verhindert

Wir übersetzten einmal wieder nach der klassischen Methode. Aber es gab Momente, in der die mikro-lineare Methode Versehen verhindert hätte.

[30] καὶ μὴν κἀκεῖνό γ᾽ ἴστε, ὅτι

ὅσα μὲν ὑπὸ Λακεδαιμονίων ἢ ὑφ᾽ ἡμῶν ἔπασχον οἱ Ἕλληνες,

ἀλλ᾽ οὖν ὑπὸ γνησίων γ᾽ ὄντων τῆς Ἑλλάδος ἠδικοῦντο,

καὶ τὸν αὐτὸν τρόπον ἄν τις ὑπέλαβεν τοῦτο,

ὥσπερ ἂν

εἰ υἱὸς ἐν οὐσίᾳ πολλῇ γεγονὼς

γνήσιος διῴκει τι μὴ καλῶς μηδ᾽ ὀρθῶς,

κατ᾽ αὐτὸ μὲν τοῦτ᾽ ἄξιον μέμψεως εἶναι καὶ κατηγορίας,

[1]ὡς δ᾽ οὐ προσήκων

ἢ ὡς οὐ κληρονόμος τούτων ὢν ταῦτ᾽ ἐποίει,

οὐκ ἐνεῖναι λέγειν.

Und ihr wisst doch auch jenes bestimmt, dass,

was die Griechen zwar von den Spartanern oder von uns erlitten,
ihnen aber doch von Verwandten, die zu Griechenland gehörten, angetan wurde,
und man dies auf dieselbe Weise aufgefasst hätte,
wie
wenn ein Sohn, der in großem Wohlstand aufgewachsen ist,

als Verwandter etwas nicht gut und richtig bewirtschaftete,

dass dies an sich Tadel und Beschuldigung verdiene,
dass er das aber als nicht Verwandter

oder als ein dabei nicht Erbberechtigter machte,

zu sagen nicht möglich sei.

[31] εἰ δέ γε δοῦλος ἢ ὑποβολιμαῖος τὰ μὴ προσήκοντ᾽ ἀπώλλυε καὶ ἐλυμαίνετο, Ἡράκλεις ὅσῳ μᾶλλον δεινὸν[2] καὶ ὀργῆς ἄξιον πάντες ἂν ἔφησαν εἶναι.

ἀλλ᾽ οὐχ ὑπὲρ Φιλίππου καὶ ὧν ἐκεῖνος πράττει νῦν, οὐχ[3] οὕτως ἔχουσιν,

οὐ μόνον οὐχ Ἕλληνος ὄντος οὐδὲ προσήκοντος οὐδὲν τοῖς Ἕλλησιν,

ἀλλ᾽ οὐδὲ βαρβάρου ἐντεῦθεν ὅθεν καλὸν[4] εἰπεῖν,

ἀλλ᾽ ὀλέθρου Μακεδόνος,

ὅθεν οὐδ᾽ ἀνδράποδον σπουδαῖον οὐδὲν ἦν[5] πρότερον πρίασθαι.

Würde aber ein Sklave oder Bastard das <ihm> nicht Zukommende verderben und vernichten,

beim Herakles, um wieviel mehr hätten alle gesagt, es sei schlimm und empörenswert.

Aber nicht bei Philipp und nicht bei dem, was er jetzt  tut, verhalten sie sich so,

der nicht nur kein Grieche ist, und auch durchaus nicht mit den Griechen in Verbindung,

sondern nicht einmal ein Barbar von dort, woher <zu stammen> man gut nennen könnte,

sondern ein Schurke aus Mαkedonien,

woher man früher nicht einmal einen brauchbaren Sklaven kaufen konnte.

[32] καίτοι τί τῆς ἐσχάτης ὕβρεως ἀπολείπει;

οὐ πρὸς τῷ πόλεις ἀνῃρηκέναι τίθησι μὲν τὰ Πύθια,

τὸν κοινὸν τῶν Ἑλλήνων ἀγῶνα,

κἂν αὐτὸς μὴ παρῇ, τοὺς δούλους ἀγωνοθετήσοντας πέμπει;

κύριος δὲ Πυλῶν καὶ τῶν ἐπὶ τοὺς Ἕλληνας παρόδων ἐστί,

καὶ φρουραῖς καὶ ξένοις τοὺς τόπους τούτους κατέχει;

ἔχει δὲ καὶ τὴν προμαντείαν τοῦ θεοῦ,

παρώσας ἡμᾶς καὶ Θετταλοὺς καὶ Δωριέας καὶ τοὺς ἄλλους Ἀμφικτύονας,

ἧς οὐδὲ τοῖς Ἕλλησιν ἅπασι μέτεστι;

Freilich, was lässt er an äußerstem Frevel aus;

Ordnet er nicht zusätzlich zur Zerstörung von Städten die pythischen Spiele,

den gemeinsamen Wettkampf der Griechen,

und wenn er selbst nicht da ist, schickt er seine Sklaven, um die Spiele zu ordnen?

Ist er <nicht> Herr über die Thermopylen und den Zugang zu den Griechen

und hält er <nicht> mit Besatzungen und Söldnern diese Gegend besetzt?
Hat er <nicht> auch das Vorrecht bei der Orakelbefragung des Gottes
nachdem er uns, die Thessalier, Dorer und die anderen Amphiktyonen, hinausstieß,

an der nicht einmal alle Griechen Anteil haben.

[33] γράφει δὲ Θετταλοῖς ὃν χρὴ τρόπον πολιτεύεσθαι[6];

πέμπει δὲ ξένους τοὺς μὲν εἰς Πορθμόν,

τὸν δῆμον[7] ἐκβαλοῦντας τὸν Ἐρετριέων,

τοὺς δ᾽ ἐπ᾽ Ὠρεόν, τύραννον Φιλιστίδην καταστήσοντας;

ἀλλ᾽ ὅμως ταῦθ᾽ ὁρῶντες οἱ Ἕλληνες ἀνέχονται,

καὶ τὸν αὐτὸν τρόπον ὥσπερ τὴν χάλαζαν ἔμοιγε δοκοῦσιν θεωρεῖν,

[8]εὐχόμενοι μὴ καθ᾽ ἑαυτοὺς ἕκαστοι γενέσθαι,

κωλύειν δ᾽ οὐδεὶς ἐπιχειρῶν.

Schreibt er den Thessalier <nicht> vor, wie ihre Verfassung eingerichtet werden müsse?

Schickt er <nicht> Söldner zum Teil nach Porthmos,

um die Demokraten der Eretrier zu vertreiben,

zum Teil nach Oreos, um Philistides als Tyrannen einzusetzen?

Aber dennoch ertragen, obwohl sie das sehen, die Griechen das,

und zwar auf dieselbe Weise, wie sie mir den Hagel zu betrachten scheinen,
jeweils betend, dass es nicht bei ihnen geschehe,

während aber keiner es zu verhindern sucht.

[34] οὐ μόνον δ᾽ ἐφ᾽ οἷς ἡ Ἑλλὰς ὑβρίζεται ὑπ᾽ αὐτοῦ,

οὐδεὶς ἀμύνεται,

ἀλλ᾽ οὐδ᾽ ὑπὲρ ὧν αὐτὸς ἕκαστος ἀδικεῖται·

τοῦτο γὰρ ἤδη τοὔσχατόν ἐστιν.

οὐ Κορινθίων[9] ἐπ᾽ Ἀμβρακίαν ἐλήλυθε καὶ Λευκάδα;

οὐκ Ἀχαιῶν Ναύπακτον ὀμώμοκεν Αἰτωλοῖς παραδώσειν;

οὐχὶ Θηβαίων Ἐχῖνον ἀφῄρηται,

καὶ νῦν ἐπὶ Βυζαντίους πορεύεται συμμάχους ὄντας;

Aber nicht nur das, wobei Griechenland von ihm frevlerisch behandelt wird,

wehrt keiner ab,

sondern auch worin jeder selbst Unrecht erleidet.

Denn das ist nun das Äußerste:

Aus dem Besitz der Korinther, ist er nicht gegen Ambrakia gezogen und Leukas?

Aus dem Besitz der Achäer, hat er nicht geschworen, Naupaktos den Aitolern zu übergeben?

Aus dem Besitz der Thebaner: hat er nicht Echinon eingenommen

und marschiert nun gegen die Byzantier, seine Bundesgenossen?

[35] οὐχ ἡμῶν, ἐῶ τἄλλα,

ἀλλὰ Χερρονήσου τὴν μεγίστην ἔχει πόλιν Καρδίαν;

ταῦτα τοίνυν πάσχοντες ἅπαντες μέλλομεν καὶ μαλκίομεν

καὶ πρὸς τοὺς πλησίον βλέπομεν, ἀπιστοῦντες ἀλλήλοις,

οὐ τῷ πάντας ἡμᾶς ἀδικοῦντι.

καίτοι τὸν ἅπασιν ἀσελγῶς οὕτω χρώμενον τί οἴεσθε,

ἐπειδὰν καθ᾽ ἕν᾽ ἡμῶν ἑκάστου κύριος γένηται, τί ποιήσειν;

^Hält^ er nicht aus unserem Besitz, ich übergehe das Andere,

doch aber °° die größte Stadt der Chersones Kardia?

Trotz dieser Erfahrungen nun zögern und zaudern wir

und schauen zu den Nachbarn, voll Misstrauens gegen einander,

nichτ gegen den, der uns allen Unrecht tut.

Und doch, der allen so zügellos mitspielt, was meint ihr,

wenn er über jeden einzelnen von uns Herr ist, was er machen wird?

[36] τί οὖν αἴτιον τουτωνί;

οὐ γὰρ ἄνευ λόγου καὶ δικαίας αἰτίας

οὔτε τόθ᾽ οὕτως εἶχον ἑτοίμως πρὸς ἐλευθερίαν οἱ Ἕλληνες

οὔτε νῦν πρὸς τὸ δουλεύειν.

ἦν τι τότ᾽, ἦν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, ἐν ταῖς τῶν πολλῶν διανοίαις,

ὃ νῦν οὐκ ἔστιν,

ὃ καὶ τοῦ Περσῶν ἐκράτησε πλούτου

καὶ ἐλευθέραν ἦγε τὴν Ἑλλάδα

καὶ οὔτε ναυμαχίας οὔτε πεζῆς μάχης οὐδεμιᾶς ἡττᾶτο,

νῦν δ᾽ ἀπολωλὸς ἅπαντα λελύμανται

καὶ ἄνω καὶ κάτω πεποίηκε τὰ τῶν Ἑλλήνων πράγματα.

Was ist nun schuld daran?

Denn nicht ohne Sinn und gerechten Grund

verhielten sich die Griechen weder damals so bereitwillig zur Freiheit

noch heute zur Versklavung.

Es gab damals etwas, es gab es, o Athener, in der Einstellung der Menge,
was es jetzt nicht gibt,

das stärker war als sogar der Reichtum der Perser
und Griechenland frei leitete

und weder einer See- noch einer Landschlacht je unterlegen war,

nun aber, nachdem es verloren ist, alles zuschanden gemacht

und die Lage der Griechen unterst zu oberst gewirbelt hat.

[37] τί οὖν ἦν τοῦτο; οὐδὲν ποικίλον οὐδὲ σοφόν,

ἀλλ᾽ ὅτι τοὺς παρὰ τῶν ἄρχειν βουλομένων ἢ διαφθείρειν τὴν Ἑλλάδα

χρήματα λαμβάνοντας ἅπαντες ἐμίσουν,

καὶ χαλεπώτατον ἦν δωροδοκοῦντ᾽ ἐλεγχθῆναι,

καὶ τιμωρίᾳ μεγίστῃ τοῦτον ἐκόλαζον,

καὶ παραίτησις οὐδεμί᾽ ἦν οὐδὲ συγγνώμη.

Was war das nun? Nichts Kompliziertes und nichts Hochgestochenes,
sondern dass sie die, die von denen, die herrschen und Griechenland verderben wollen,
Geld nahmen, alle hassten

und dass es am schändlichsten war, dass einer wegen Bestechung überführt wurde,

und dass sie diesen mit der höchsten Strafe belegten,

und es gab keinerlei Entschuldigung und auch keine Vergebung.

 

Was wir genauer angesehen haben:

  1. Der Artikel substantiviert den Infinitiv/das Adverb (was im Lateinischen wegen des fehlenden Artikels nicht möglich ist):
    [36] πρὸς τὸ δουλεύειν: zum Sklave-Sein – hier πρός mit Akkusativ (Richtung)
    [32] πρὸς τῷ πόλεις ἀνῃρηκέναι: zusätzlich dazu, dass <er> Städte vernichtete - hier πρός mit Dativ (lokativ „bei“)
    [35] πρὸς τοὺς πλησίον: zu denen in der Nähe – hier πρός mit Akkusativ (Richtung)
  2. Perfekt 2 bei Intransitiva
    [36] ἀπολωλός: Ν./A.Sg.n. des Part.Pf.2=Intr.(!) von ἀπόλλυμαι, ἀπολοῦμαι, ἀπωλόμην, ἀπόλωλα (!) – zugrunde gehen, verschwinden
    Regel: Wird neben dem Perf.1 ein Perf.2 oder nur ein Perf.2 gebildet, so hat das Perf.2 die intransitive Bedeutung (=Medium):
    Beispiele:
    πέποιθα ich gehorchte (von πείθομαι) neben πέπεικα ich überredete (von πείθω)
    πέφηνα ich bin erschienen (von φαίνομαι) neben πέφαγκα ich zeigte (von φαίνω)
    εἴωθα ich bin gewöhnt (von ἐθίζομαι) neben εἴθικα ich gewöhnte (von ἐθίζω)
    Ebenso tritt häufig der Aor.2 fürs Intransitiv ein, z.B.
    ἐφάνην ich erschien (von φαίνομαι) neben ἔφηνα ich zeigte (von φαίνω)
    ἔφυν ich wuchs (von φύομαι) neben ἔφυσα ich ließ wachsen (von φύω)
     
  3. Eine Form nicht genau erfasst, und dann passiert Konfusion:
    [36] νῦν δ᾽ ἀπολωλὸς ἅπαντα λελύμανται
    Bei λελύμανται darf man nicht nur auf die Endung -νται sehen, sondern muss auch die Perf.-Reduplikation beachten;
    dann ist es keine 3.Pl.Ind.Präs.P (wie wir leider meinten), sondern eine 3.Sg.Ind.Perf.M von λυμαίνομαι und die Zeile heißt
    … weil es verschwunden ist, hat es alles zerstört …

Nächster Termin:
Weil wir Holtiegels nun selbst einmal für eine Woche verreisen, muss das nächste Wochende ausfallen (oder Caren nund Holger verabreden sich).
Der nächste Termin mit mir - so haben Holger und ich abgesprochen – soll Sonntag, der 13.11., 10:00 Uhr sein.
Falls das für Caren nicht klappt, bitten wir sie um Ausweichtermine. Es wäre doch schön, sie könnte wieder einmal dabeisein.

Vorbereitung dazu:
Ich habe wie üblich den anschließenden Text in pDem9.28-40_Text hochgeladen. Und auch die Vokabeln dazu.
Außerdem habe ich in pDem9_Protokolle meine Vorläufige Übersetzung der gesamten Rede hochgeladen. Ob Ihr Euch bei Eurer Vorbereitung daran orientieren wollt, ist natürlich Eure Entscheidung.

 


[1] ordne so: οὐ δὲ ἐνεῖναι λέγειν ὡς οὐ ... – das Ganze wie ἄξιον μέμψεως εἶναι abhängig von ἄν τις ὑπέλαβεν τοῦτο

[2] δεινόν … εἶναι erg. τοῦτο

[3] Dies zweite οὐχ ziehe vor ὧν; es steht dann parallel zum ersten οὐχ.

[4] καλόν erg. ἦν

[5] ἦν = ἐξἦν

[6] πολιτεύω (hier von πολιτεία) seine Verfassung einrichten

[7] δῆμον = die demokratische Partei – Die Demokraten waren nach der Einrichtung der Tyrannis in Eretria (Euböa) nach Porthmos ausgewichen.

[8] ordne: εὐχόμενοι ἕκαστοι μὴ καθ᾽ ἑαυτοὺς <ταῦτα> γενέσθαι

[9] οὐ Κορινθίων: Vier Sätze beginnen anaphorisch mit οὐ und einem Genitivus possessivus. Für letzteren schlage ich vor „im Besitz von …“