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Einführung:                                                                      Audio    Vokabeln
404 vor Chr., Ende des Peloponnesischen Krieges. Nach der entscheidenden Niederlage der athenischen Flotte 405 bei Aigospotamoi gegen den spartanischen Feldherrn Lysander und nach dem Aushungern der eingeschlossenen Stadt kapitulierte Athen und musste die Auflösung des einst mächtigen Seebundes, die Abgabe der Schiffe und vor allem das Einreißen der langen Mauern akzeptieren, die den befestigten Korridor zwischen dem Piräus und der Stadt bildeten.

Die Athener wählten 30 Männer, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollten, aber mit Rückendeckung Spartas die Gelegenheit zur Bereicherung und zu einem mörderischen Schreckensregime nutzten. Sie ließen in einer neuen Bürgerliste, dem κατάλογος, nur 3.000 (τρισχίλιοι) von vorher etwa 30.000 Athenern als Vollbürger zu, also zur Volksversammlung, zu den Gerichten und zu den politischen Ämtern. Die Gegner wurden aus der Stadt gedrängt, versammelten sich v.a. in Theben, und besetzten bald unter Thrasybulos die attische Grenzfestung Phyle, wo sich nach und nach ein eigenes Heer zusammenfand.
Dies rückte schließlich auf die Festung Munichía im Piräus vor, während das Heer der 30 Tyrannen die untere Stadt besetzt hatte. Auf dem Weg zur Festung Munichía hinauf standen sich die beiden Heere zur Schlacht gegenüber, und die 30 Tyrannen wurden entscheidend besiegt. Ihr Anführer Kritias und weitere Wortführer sowie ungefähr 70 ihrer Hopliten fielen. 

Die Sieger um Thrasybulos gestatteten den Unterlegenen, ihre Toten vom Schlachtfeld zu bergen. In der allgemeinen Stille ergriff von den siegreichen Vertriebenen der Sprecher des Mysterienkults von Eleusis Kleokritos (Herold der Mysten) das Wort:

 

[4.19] οἱ δʼ ἄλλοι ἐνίκων καὶ κατεδίωξαν μέχρι τοῦ ὁμαλοῦ. ἀπέθανον δʼ ἐνταῦθα τῶν μὲν τριάκοντα Κριτίας τε καὶ Ἱππόμαχος, τῶν δὲ ἐν Πειραιεῖ δέκα ἀρχόντων Χαρμίδης ὁ Γλαύκωνος, τῶν δʼ ἄλλων περὶ ἑβδομήκοντα. καὶ τὰ μὲν ὅπλα ἔλαβον, τοὺς δὲ χιτῶνας οὐδενὸς τῶν πολιτῶν ἐσκύλευσαν. ἐπεὶ δὲ τοῦτο ἐγένετο καὶ τοὺς νεκροὺς ὑποσπόνδους ἀπεδίδοσαν, προσιόντες ἀλλήλοις πολλοὶ διελέγοντο.
[4.20] Κλεόκριτος δὲ ὁ τῶν μυστῶν κῆρυξ, μάλʼ εὔφωνος ὤν, κατασιωπησάμενος ἔλεξεν· ἄνδρες πολῖται, τί ἡμᾶς ἐξελαύνετε; τί ἀποκτεῖναι βούλεσθε; ἡμεῖς γὰρ ὑμᾶς κακὸν μὲν οὐδὲν πώποτε ἐποιήσαμεν, μετεσχήκαμεν δὲ ὑμῖν καὶ ἱερῶν τῶν σεμνοτάτων καὶ θυσιῶν καὶ ἑορτῶν τῶν καλλίστων, καὶ συγχορευταὶ καὶ συμφοιτηταὶ γεγενήμεθα καὶ συστρατιῶται, καὶ πολλὰ μεθʼ ὑμῶν κεκινδυνεύκαμεν καὶ κατὰ γῆν καὶ κατὰ θάλατταν ὑπὲρ τῆς κοινῆς ἀμφοτέρων ἡμῶν σωτηρίας τε καὶ ἐλευθερίας.
[4.21] πρὸς θεῶν πατρῴων καὶ μητρῴων καὶ συγγενείας καὶ κηδεστίας καὶ ἑταιρίας, πάντων γὰρ τούτων πολλοὶ κοινωνοῦμεν ἀλλήλοις, αἰδούμενοι καὶ θεοὺς καὶ ἀνθρώπους παύσασθε ἁμαρτάνοντες εἰς τὴν πατρίδα, καὶ μὴ πείθεσθε τοῖς ἀνοσιωτάτοις τριάκοντα, οἳ ἰδίων κερδέων ἕνεκα ὀλίγου δεῖν πλείους ἀπεκτόνασιν Ἀθηναίων ἐν ὀκτὼ μησὶν ἢ πάντες Πελοποννήσιοι δέκα ἔτη πολεμοῦντες.
[4.22] ἐξὸν δʼ ἡμῖν ἐν εἰρήνῃ πολιτεύεσθαι, οὗτοι τὸν πάντων αἴσχιστόν τε καὶ χαλεπώτατον καὶ ἀνοσιώτατον καὶ ἔχθιστον καὶ θεοῖς καὶ ἀνθρώποις πόλεμον ἡμῖν πρὸς ἀλλήλους παρέχουσιν. ἀλλʼ εὖ γε μέντοι ἐπίστασθε ὅτι καὶ τῶν νῦν ὑφʼ ἡμῶν ἀποθανόντων οὐ μόνον ὑμεῖς ἀλλὰ καὶ ἡμεῖς ἔστιν οὓς πολλὰ κατεδακρύσαμεν.
ὁ μὲν τοιαῦτα ἔλεγεν· οἱ δὲ λοιποὶ ἄρχοντες καὶ διὰ τὸ τοιαῦτα προσακούειν τοὺς μεθʼ αὑτῶν ἀπήγαγον εἰς τὸ ἄστυ. 

 

PS: Kritias stammte aus einer reichen und einflussreichen Familie Athens. Er war ein Cousin der Mutter Platons, Periktione. Platon selbst, der zur Zeit des Bürgerkriegs 24 Jahre alt war, hielt sich von den aristokratischen Umtrieben seines Verwandten fern, wie er im berühmten 7. Brief darstellt. Kritias war auch schriftstellerisch tätig und galt als einer der Sophisten, die althergebrachten Werte und die überkommene Moral relativierte. Mehrfach tritt ein Kritias in Platons Dialogen auf, vielfach ist aber nicht klar, ob es sich nicht um einen Namensvetter oder Verwandten des Anführers der Dreißig handelt. Denn hier ist Platons Haltung neutral.