e0 Altgriechisch Schreiben

Wer schreibt, der bleibt. Das gilt natürlich insbesondere für die kulturelle Tradition. Die Griechen haben zum einen um 900 v.Chr. die Buchstabenschrift von den Phöniziern übernommen und durch Hinzufügung der Vokale vervollkommnet, zum andern haben sie - anders als die Phönizier, die vor allem auf vergänglichen Holztafeln schrieben - ihre Texte dauerhaft weitergegeben, eine Literatur und damit über Jahrhunderte eine Hochkultur geschaffen. Deren Höhepunkt lag in der Zeit der Klassik vom 5. bis zum 4. vorchristlichen Jahrhundert in Attika, genauer: in der Stadt Athen.

Die wichtigsten Texte dieser Epoche wurden in der Folgezeit in großen Bibliotheken immer wieder neu auf Papyros abgeschrieben und kommentiert. Im Hellenismus (3. bis 1. Jh. v.Chr.) war die Bibliothek von Alexandria das Zentrum der Weitergabe, Kommentierung und Weiterentwicklung. Neun Jahrhunderte später lag ein Zentrum mittelalterlicher Gelehrsamkeit und Bewahrung antiker Tradition in Byzanz. Dort wurden die antiken Texte in Manuskripte mit der modernen Minuskelschrift übertragen.

Der Klang der griechischen Alltagssprache hatte sich beträchtlich verändert, die Wörter wurden oft anders betont, viele Konsonanten und Vokale ganz anders ausgesprochen. Die Minuskelschrift mit ihren diakritischen Zeichen versucht aber, den alten Spachklang festzuhalten und hilft uns, die klassischen Texte annähernd (wirklich nur annähernd) so zu lesen, wie sie wohl einst geklungen haben mögen.

Als weitere 500 Jahre später Johannes Gutenberg den Druck mit beweglichen Lettern erfunden hatte, war das nichts anderes als die technische Umsetzung der zweieinhalb Jahrtausende zuvor entwickelten Buchstabenschrift. Und auch die alten griechischen Texte konnten mit Hilfe von nunmehr in Lettern gegossenen Minuskeln mit all ihren diakritischen Zeichen für den Druck zusammengesetzt und verbreitet werden.

Seit damals hat sich die Technik rasant weiterentwickelt. Bücher werden heute kaum noch mit beweglichen Lettern gedruckt, sondern digital zusammengefügt. Und das geschieht nicht nur in großen Druckereien, sondern jede und jeder kann einen Schriftsatz am häuslichen Computer mit der Tastatur herstellen und papierlos verschicken.

Natürlich gilt das auch für altgriechische Texte. Und ich werde am Ende des Kapitels e0_Schreiben zeigen, wie wir den Computer und die Tastatur für die Minuskelschrift des Altgriechischen einrichten können. Aber vorher schreiben wir mit dem Stift und der Hand auf Papier. Denn das Lesenlernen geht mit der Handschrift Hand in Hand. Erst beim Schreiben schaut man genau hin. Und das mit eigener Hand geschriebene Wortbild prägt sich weit besser ein. Also passen wir den Slogan für uns an: Schreibt es, dann bleibt es!

Zu den 24 Buchstaben des griechischen Alphabets