Hdt1.26.1-1.29.2 Protokoll zum 23.08.2023

Zeit: 10:00 Ur – 12:10 Uhr           -              Ort: online
anwesend: Holger, Ulf, Friedrich

Übersetzung:

[26.1]  τελευτήσαντος δὲ Ἀλυάττεω ἐξεδέξατο τὴν βασιληίην Κροῖσος ὁ Ἀλυάττεω, ἐτέων ἐὼν ἡλικίην πέντε καὶ τριήκοντα· ὃς δὴ Ἑλλήνων πρώτοισι ἐπεθήκατο Ἐφεσίοισι.

Nach dem Tode des Alyattes übernahm Kroisos, Sohn des Alyattes, die Königsherrschaft im Alter von 35 Jahren. Dieser nun griff als erste der Griechen die Epheser an.

[2] ἔνθα δὴ οἱ Ἐφέσιοι πολιορκεόμενοι ὑπ᾽ αὐτοῦ ἀνέθεσαν τὴν πόλιν τῇ Ἀρτέμιδι, ἐξάψαντες ἐκ τοῦ νηοῦ σχοινίον ἐς τὸ τεῖχος. ἔστι δὲ μεταξὺ τῆς τε παλαιῆς πόλιος, ἣ τότε ἐπολιορκέετο, καὶ τοῦ νηοῦ ἑπτὰ στάδιοι.

Damals nun von ihm belagert, weihten die Epheser, ihre Stadt der Artemis, indem sie vom Tempel eine Schnur bis zur Mauer spannten. Es sind aber zwischen der alten Stadt, die damals belagert wurde, und dem Tempel sieben Stadien.

[3] πρώτοισι μὲν δὴ τούτοισι ἐπεχείρησε ὁ Κροῖσος, μετὰ δὲ ἐν μέρεϊ ἑκάστοισι Ἰώνων τε καὶ Αἰολέων, ἄλλοισι ἄλλας αἰτίας ἐπιφέρων, τῶν μὲν ἐδύνατο μέζονας παρευρίσκειν, μέζονα ἐπαιτιώμενος, τοῖσι δὲ αὐτῶν καὶ φαῦλα ἐπιφέρων.

Als erste also griff Kroisos diese an, danach aber der Reihe nach alle Ionier und Aioler, indem er bei jedem andere Gründe vorbrachte, <indem er> bei den einen, bei welchen er größere finden konnte, größere Vorwürfe machte, bei den anderen [von ihnen] auch Unbedeutendes/Falsches vorbrachte.

[27.1]  ὡς δὲ ἄρα οἱ ἐν τῇ Ἀσίῃ Ἕλληνες κατεστράφατο ἐς φόρου ἀπαγωγήν, τὸ ἐνθεῦτεν ἐπενόεε νέας ποιησάμενος ἐπιχειρέειν τοῖσι νησιώτῃσι.

Als nun aber die Griechen in Kleinasien zur Abgabe von Tribut gezwungen waren, da[raufhin] beabsichtigte er Schiffe zu bauen und dann die Inselbewohner anzugreifen.

[2] ἐόντων δέ οἱ πάντων ἑτοίμων ἐς τὴν ναυπηγίην, οἳ μὲν Βίαντα λέγουσι τὸν Πριηνέα ἀπικόμενον ἐς Σάρδις, οἳ δὲ Πιττακὸν τὸν Μυτιληναῖον, εἰρομένου Κροίσου εἴ τι εἴη νεώτερον περὶ τὴν Ἑλλάδα, εἰπόντα τάδε καταπαῦσαι τὴν ναυπηγίην·

Als ihm aber alles zum Schiffbau bereit war, sei, wie die einen sagen, Bias aus Priene nach Sardis gekommen, wie die anderen <sagen>, Pittakos aus Mytilene, und als Krösos gefragt habe, ob es etwas Neues  über Griechenland gebe, habe er folgendes gesagt und damit den Schiffbau zum Erliegen gebracht.

[3] ‘ὦ βασιλεῦ, νησιῶται ἵππον συνωνέονται μυρίην, ἐς Σάρδις τε καὶ ἐπὶ σὲ ἐν νόῳ ἔχοντες στρατεύεσθαι.’ Κροῖσον δὲ ἐλπίσαντα λέγειν ἐκεῖνον ἀληθέα εἰπεῖν ‘αἲ γὰρ τοῦτο θεοὶ ποιήσειαν ἐπὶ νόον νησιώτῃσι, ἐλθεῖν ἐπὶ Λυδῶν παῖδας σὺν ἵπποισι.’

„O König, die Insulaner kaufen eine riesige Reiterei zusammen, in der Absicht, nach Sardis und gegen dich zu Felde zu ziehen.“ Kroisos aber habe in der Hoffnung, dass jener die Wahrheit spreche, gesagt: „Wenn doch die Götter den Insulanern in den Kopf setzten, mit den Pferden die Kinder der Lyder anzugreifen.“

[4] τὸν δὲ ὑπολαβόντα φάναι ‘ὦ βασιλεῦ, προθύμως μοι φαίνεαι εὔξασθαι νησιώτας ἱππευομένους λαβεῖν ἐν ἠπείρῳ, οἰκότα ἐλπίζων. νησιώτας δὲ τί δοκέεις εὔχεσθαι ἄλλο ἤ, ἐπείτε τάχιστα ἐπύθοντό σε μέλλοντα ἐπὶ σφίσι ναυπηγέεσθαι νέας, λαβεῖν ἀρώμενοι Λυδούς ἐν θαλάσσῃ, ἵνα ὓπερ τῶν ἐν τῇ ἠπείρῳ οἰκημένων Ἑλλήνων τίσωνταί σε, τοὺς σὺ δουλώσας ἔχεις;’

Der andere aber habe erwidert und gesagt: “O König, eifrig scheinst du mir zu wünschen, die berittenen Insulaner auf dem Festland zu fassen, und bist mit Recht voll Hoffnung. Was aber, meinst du, wünschen die Insulaner anderes als, sobald sie erfahren haben, dass du gegen sie Schiffe bauen willst, frohlockend die Lyder zur See zu fassen, um sich an dir zu rächen wegen der auf dem Festland siedelnden Griechen, die du <sie> versklavend in der Gewalt hast. .

[5] κάρτα τε ἡσθῆναι Κροῖσον τῷ ἐπιλόγῳ καί οἱ, προσφυέως γὰρ δόξαι λέγειν, πειθόμενον παύσασθαι τῆς ναυπηγίης. καὶ οὕτω τοῖσι τὰς νήσους οἰκημένοισι Ἴωσι ξεινίην συνεθήκατο.

Und sehr habe Kroisos sich über die<sen> Schluss/ Argumentation gefreut und er sei ihm, - denn er habe vernünftig zu reden geschienen - gefolgt und habe vom Schiffbau abgelassen und so mit den die Inseln bewohnenden Ioniern Gastfreundschaft geschlossen.

[28.1]  χρόνου δὲ ἐπιγινομένου καὶ κατεστραμμένων σχεδὸν πάντων τῶν ἐντὸς Ἅλυος ποταμοῦ οἰκημένων· πλὴν γὰρ Κιλίκων καὶ Λυκίων τοὺς ἄλλους πάντας ὑπ᾽ ἑωυτῷ εἶχε καταστρεψάμενος ὁ Κροῖσος. εἰσὶ δὲ οἵδε, Λυδοί, Φρύγες, Μυσοί, Μαριανδυνοί, Χάλυβες, Παφλαγόνες, Θρήικες οἱ Θυνοί τε καὶ Βιθυνοί, Κᾶρες, Ἴωνες, Δωριέες, Αἰολέες, Πάμφυλοι κατεστραμμένων δὲ τούτων καὶ προσεπικτωμένου Κροίσου Λυδοῖσι,

Als aber <einige> Zeit vergangen war und und fast alle, die diesseits des Flusses Halys wohnten, unterworfen worden waren - denn außer den Kilikiern und Lykiern hatte Kroisos die anderen alle unterworfen. Das waren aber folgende: Lyder, Phryger, Myser, Mariandyner, Xalyber, Paphlagonier die Thyner und Bithyner Thraker, Karer, Ionier, Dorer, Aioler, Pamphylier - nachdem aber diese unterworfen waren und Kroisos <sie> den Lydern hinzugewonnen hatte,

[29.1]  ἀπικνέονται ἐς Σάρδις ἀκμαζούσας πλούτῳ ἄλλοι τε οἱ πάντες ἐκ τῆς Ἑλλάδος σοφισταί, οἳ τοῦτον τὸν χρόνον ἐτύγχανον ἐόντες, ὡς ἕκαστος αὐτῶν ἀπικνέοιτο, καὶ δὴ καὶ Σόλων ἀνὴρ Ἀθηναῖος, ὃς Ἀθηναίοισι νόμους κελεύσασι ποιήσας ἀπεδήμησε ἔτεα δέκα κατά θεωρίης πρόφασιν ἐκπλώσας, ἵνα δὴ μή τινα τῶν νόμων ἀναγκασθῇ λῦσαι τῶν ἔθετο.

kamen ins von Reichtum blühende Sardis alle Gelehrten aus Griechenland, die es in dieser Zeit gerade gab, wie ein jeder von ihnen <gerade> ankam, und so denn auch der Athener Solon, der den Athenern auf ihre Aufforderung hin Gesetze geschaffen hatte und <nun> davongesegelt 10 Jahre lang unter dem Vorwand der Besichtigung auf Reisen war, damit er also nicht gezwungen werden könnte eins der Gesetze aufzulösen, die er erlassen hatte.

[2] αὐτοὶ γὰρ οὐκ οἷοί τε ἦσαν αὐτὸ ποιῆσαι Ἀθηναῖοι· ὁρκίοισι γὰρ μεγάλοισι κατείχοντο δέκα ἔτεα χρήσεσθαι νόμοισι τοὺς ἄν σφι Σόλων θῆται.

Selbst durften die Athener dies nämlich nicht tun. Denn mit bindenden Eiden waren sie gehalten, die Gesetze 10 Jahre lang zu gebrauchen, die ihnen Solon gegeben hatte.

 

Anmerkungen zum Übersetzen:

Wir haben bei der Übersetzung besonders darauf geachtet, die ermüdenden Übertragung des PC in dt. adverbiale Nebensätze, abwechslungsreicher und eleganter auch mit präposionalem Ausdruck und mit Beiordnung zu übersetzen, und bei der Beiordung haben wir mehrfach den Sinn durch ein eingeschobenes logisches Adverb verdeutlicht.

In 27.2 haben wir aber auf Beiordnung des einleitenden GA verzichtet, um dem originalen Satzbau mit der langen Parenthese und Wiederaufnahme des Prädikatspartizips auch im Dt. stilistisch Rechnung zu tragen.

Als schwierig erwies sich auch 26.3. wegen der PC:
… ἄλλοισι ἄλλας αἰτίας ἐπιφέρων,
τῶν μὲν ἐδύνατο μέζονας παρευρίσκειν, μέζονα ἐπαιτιώμενος,
τοῖσι δὲ αὐτῶν καὶ φαῦλα ἐπιφέρων.
„… indem er bei jedem andere Gründe vorbrachte,
<und zwar indem er> bei den einen von ihnen, bei welchen (τοῖς μέν τούτων τοῖς=Relativum mit Attraktion des Kasus > τῶν) er größere finden konnte, größere Vorwürfe machte,
bei den anderen [von ihnen] auch Unbedeutendes/Falsches vorbrachte.“
Die drei Partizipien stehen parallel, hier mit indem-Satz übersetzt. Zum Dativ ἄλλοισι stehen demgemäß auch die beiden Dative τῶν μέν (eigentlich τοῖς μέν τούτων τοῖς) und τοῖσι δὲ parallel, ebenso wie zum Akk. αἰτίας die beiden Akkusative μέζονα und φαῦλα.
Das lässt sich im Gr. der Reihe nach recht gut verstehen, macht aber Schwierigkeiten es adäquat ins Deutsche zu bringen.

Zum Inhalt:

Die Argumentation des Bias oder Pittakos (sie zählen übrigens beide wie auch Solon zu den sieben Weisen; ich vergaß, darauf aufmerksam zu machen) hat uns als besonders weise länger beschäftigt; denn er sagt nicht einfach, dass es dumm wäre, wenn Kroisos zur See überlegenen Inselbewohner mit vielen Schiffen angriffe, so wie es dumm wäre, wenn die Inselbewoshner ihn zu Lande mit einer zahlreichen Reiterei angriffe. Sondern er erfindet die Geschichte von dem geplanten Angriff der Inselbewohner, so dass der mächtige König selbst die Schlussfolgerung zieht. – Und dies ganz im Gegenteil zu Solon, der auf die an ihn gerichtete Frage des Königs ohne Rücksicht auf den Geltungsdrang des Königs sehr undiplomatisch direkt und offen antwortet. Schön ist auch von Herodot herausgearbeitet, dass der König bereitwillig glaubt, was er gern hören möchte, dann aber doch sich leiten lässt. Eine stilistisch feine psychologische Studie des machtverwöhnten Herrschers.

Nächster Termin: So, 20.08., 10:00 Uhr

Vorbereitung dazu:

Natürlich weiter Hdt. übersetzen.
Ich versprach aber auch, Material zu Solon hochzuladen. Es wird (wohl Montagabend) unter +Texte zu finden sein. Ich empfehle auch den lesenswerten (wenn auch noch zu überarbeitenden) Artikel zu Solon in der dt. Wikipedia.